«Zu Lengnau vor dem neuen Totenhof auf dem Munterhubel steht ein schlichter Obelisk aus Granit. Er trägt die Inschrift:
Den Gefallenen zur Ehre, der Nachwelt zur Lehre.
Lengnauer, Berner, Eidgenosse, an mich, an Dich richtet sich dieser Spruch mit unabweisbarer Eindringlichkeit. Vielseitig und vielfältig bedrängt uns sein Sinn. Im letzten an uns herangetretenen Krieg, vor 150 Jahren, haben wir Eidgenossen kläglich versagt; der Bund, die Regierung, das Volk und die Armee. Was unsere Ahnen durch Einsatz von Blut und Leben geschaffen, war im Buchstaben, in der Phrase erstarrt, war tot, weil der Geist verloren ging, der erst allem das Leben verleiht. Das Materielle überwog das Ideelle, Neid und Missgunst überwogen Weitherzigkeit und Grosszügigkeit; Verschlagenheit verdrängte Offenheit, Misstrauen tötete das Vertrauen, Sicherheit wurde zur Unsicherheit; der Drang nach Wohlergehen und Wohlsein verdrängte die Forderung nach Wehrhaftigkeit und Wehrwillen. Die Armee wurde vernachlässigt, vor allem der Wehrgeist, die Ausbildung, aber auch die materiellen Belange.
An den Tagsatzungen, in den Botschaften der Stände, in den Regierungen wurden wunderbare Worte von Einigkeit, Zusammengehen, von Freiheit und Unabhängigkeit, vom herrlichen Vaterland, als die köstlichsten Güter gewechselt und prompt folgte die Katastrophe. Darum wollen wir bedenken: Schöne Worte, schöne Botschaften sind nichts, wenn die entsprechende Tat ausbleibt, diese allein ist alles! Früher oder später müssen wir demnach bereit sein, für unser Volk, unser Land, unsere Freiheit und Unabhängigkeit als kostbarste Güter, mit unserem Leben und unserem Blute einzustehen. Einfach und schlicht, als selbstverständlich. Ob wir diesen Kampf siegreich bestehen, oder eine Niederlage in Ehren erleiden, ist weniger wichtig. Ausschlaggebend ist allein die Tatsache des Opfers und der Geist, mit dem wir dieses Opfer bringen. Diese sind die Garanten des Fortbestehens der
Schweizerischen Eidgenossenschaft. Darum:
Den Gefallenen zur Ehre, der Nachwelt zur Lehre »
1973