Die Handfeste

Die Stadtverordnung, Handfeste genannt, die Graf Ulrich V. der Stadt Aarberg gab, ist mit 1.Mai 1271 datiert und in lateinischer Sprache abgefasst. Bei deren späteren Bestätigung durch die Stadt Bern (1386) wurde sie ins Deutsche übersetzt. Sie ist heute noch im Original erhalten (Fontes rerum Bernensium, Bd. IX, Seite 128). Die Stadt muss sich damals bereits eine gewisse Selbständigkeit erworben haben, steht doch ihr Siegel bereits zwei Jahre früher (1269) auf einer Urkunde neben dem Siegel des Grafen.

Aus der Handfeste geht hervor, dass der Graf «dem Ort und allen Bürgern der Stadt die Weiden, Flüsse, Wasserrunsen, Wasser, Wälder und Gesträuche, auch die Allmend, dass sie solche frei gebräuchten››, schenkte (Übersetzung Walter). Auch verzichtete er darin auf Kriegssteuern; nur wenn ein königliches Aufgebot erging, waren solche abzuliefern. (Wohl wurden, wie bekannt ist, die Bürger einmal zu Kriegsdienstleistungen aufgeboten, jedoch gleichen Tags wieder entlassen, weil die Herren sparen mussten.)

In der Handfeste regelten ausführliche Bestimmungen das gesamte Gemeindewesen. Wir entnehmen diesen Verordnungen folgendes:

24 Geschworene oder Räte bildeten die Stadtbehörde. Sie wurde alljährlich neu gewählt oder bestätigt. Der Graf behielt sich vor, die Wahl des Schultheissen und des Zöllners gutzuheissen, denn die Inhaber dieser beiden Ämter mussten sein besonderes Vertrauen besitzen. In die Ernennung des Schulmeisters, des Sigristes, des Weibels und des Torwächters mischte er sich nicht ein.

Die niedere Gerichtsbarkeit übten Schultheiss und Räte aus. Gerichtstag war der Montag. Man erhob Bussen, erkannte auf körperliche Züchtigungen und schlichtete Streitigkeiten. Gefängnisstrafen wurden selten gefällt, aus dem einfachen Grunde, weil sie der Stadt finanzielle Belastungen verursachten. Fremde wurden strenger bestraft als Burger und konnten sich nicht verteidigen. Harte Urteile wurden auch für Wucher gefällt. Der erlaubte Geschäftsgewinn war Kaufleuten und Handwerkern genau vorgeschrieben.

An beiden Brücken wurde Zoll erhoben. Einzig auf Waren, die den Bürgern zum eigenen Gebrauch dienten, bestand Zollfreiheit. Die Gebühren, die auf Tieren, Salz und Käse erhoben wurden, lassen erkennen, dass man diesen Waren besonderen Wert beimass. Bewachung und Sicherung der Tore und Brücken sowie die Entlöhnung der Wächter waren genau geregelt.

Graf Peter von Aarberg, der Urenkel des Stadtgründers, geriet schon als 39 jähriger Mann (1358) wegen ständigen, meist von ihm angezettelten Fehden derart in Schwierigkeiten, dass er sich gezwungen sah, die Herrschaft Aarberg zu verpfänden. Die Stadt Bern übernahm das Pfand und zahlte dafür vorerst 4000, später 6000 Gulden. Im Jahre 1367 verkaufte Peter seine Herrschaft Aarberg dem Grafen Rudolf von Nidau. Da dieser selber auch in Geldnöten steckte, trat er die Herrschaft um 8438 Gulden endgültig der Stadt Bern ab. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, wurde die Handfeste Aarbergs von Bern anerkannt. Graf Peter hatte sich als Söldnerhauptmann nach Freiburg verdingt und endete kurze Zeit später als Wegelagerer. Mit ihm war das Geschlecht der Grafen von Aarberg ausgestorben.