Aus grauer Vorzeit
Das kleine Dorf Büetigen liegt zwischen Lyss und Büren a. A. am Rand des Grossen Mooses ein wenig über die ehemals siedlungsfeindliche Ebene erhoben in einer Reihe mit den Gemeinden Busswil b.B., Diessbach und Dotzigen. Die recht gute Verkehrslage ist sicher zufällig und spielte bis vor kurzer Zeit nur eine geringe Rolle. Die ersten Besiedler wählten den Platz nach ganz andern Gesichtspunkten, als da sind
- Sicherheit vor den Überschwemmungen der Aare,
- Möglichkeit durch Reuten Kulturland zu gewinnen,
- Vorkommen genügenden Quell- und Grundwassers.
Wer nicht hier oder in allernächster Nähe wohnt oder doch wenigstens das Licht der Welt erblickt hat, weiss kaum um die Existenz des Dorfes; keine berühmten Männer stammen von hier, keine hochwohlgeborenen Frauen, und das grosse Weltgeschehen spielte sich nie in diesem Winkel ab. Selbst Sekundarschüler haben keine Daten zu lernen, von denen die Lehrer behaupten könnten, so etwas zu wissen gehöre ganz einfach zum Fundament der Bildung. Der einzige Grund, welcher Veranlassung gab, den Geschicken des Nebenausortes nachzugehen, ist die Lage am Rande des riesigen Überschwemmungsgebietes, gewissermassen auf einem Logenplatz im heimatlichen Theater. Von wenig andern Plätzen aus hätte man das ganze Geschehen vor der ersten Juragewässerkorrektion bis nach deren Beendigung so erschreckend nahe beobachten können, wenn auch nicht ganz ungeschoren, so doch mit erträglicher Gefährdung,
Um den Schauplatz des ernsten Spiels mit den wichtigsten Requisiten ausstatten und den Hintergrund zeitgemäss gestalten zu können, greifen wir in der Geschichte so weit zurück, als wir auf wichtige Daten stossen. Wann zum erstenmal Menschen in unserer Gegend auftauchten, kann nicht mit Bestimmtheit ermittelt werden. Nach einem Brief von Prof. Dr. Otto Tschumi, Bern, darf, entsprechend den Funden, mit einer ständigen Besiedlung unseres Dorfgebietes seit ungefähr 2500 bis 3000 Jahren gerechnet werden. Menschliches Leben gab es natürlich schon viel früher. Obschon vor der letzten Eiszeit Menschen dauernd in unserer Gegend lebten, lässt sich wohl kaum nachweisen. Jedenfalls wird die eintretende letzte Vergletscherung unser Land zum grössten Teil wieder unbewohnbar gemacht haben, bis das Eis sich vor etwa 10 000 Jahren endgültig in die Berge zurückzog. Nach dem hauptsächlichsten Jagdtier wird die damalige späte Alt-Steinzeit als Rentierzeit bezeichnet. Neben dem Ren lebten hier Mammut, Wildpferd, Steinbock und Murmeltier, von denen allen in den kiesigen Böden unserer Schotterterrasse Knochen gefunden werden können.
Die nachfolgende Mittelsteinzeit, Hirschzeit oder Zeit der Wanderfischer, scheint noch wenig erforscht zu sein. Wenn sich auf unserem Gemeindegebiet damals Menschen aufgehalten haben, dann ist anzunehmen, dass diese Wanderfischer auch das Ufergelände des nacheiszeitlichen Solothurnersees durchstreiften, an dessen Fluten unser heutiges Gemeindegebiet grenzte. Nach David Andrist «ist dieser Abschnitt einer der interessantesten der ganzen Menschheitsgeschichte. Denn damals sind eigentlich die Grundlagen zu allen späteren Kulturen gelegt worden. In der Mittelsteinzeit vollzog sich der Übergang vom Rentierjäger und Fischer zum Viehzüchter; aus dem Sammler von Wildfrüchten wurde der Ackerbauer. Damit hörte das unstete Wanderleben der altsteinzeitlichen Horden auf, und an die Stelle der rasch erstellten Wanderzelte traten feste Dauerwohnungen für grössere Verbände. Aus Moränengeschieben schliff man Beile zum Behauen des Holzes und ergänzte damit die bisherigen aus Feuerstein geschlagenen Werkzeuge; Frauen erfanden die Töpferei sowie die Herstellung von Kleidern aus Gespinstpflanzen durch Spinnen und Weben. Alle diese grundlegenden Erfindungen der Mittelsteinzeit haben sich kaum in kurzer Zeit und am gleichen Orte vollzogen, sondern in grösseren Zeitabständen und in weit auseinanderliegenden Gebieten. An wichtigen Verkehrslinien werden die Neuerungen rascher bekannt geworden und übernommen worden sein, als in abgelegenen Gegenden.»
Unser Gebiet weist vorläufig keinen der reichen Fundplätze auf, wie man sie in gewissen Teilen des Bürenamtes festgestellt hat, sei es, dass es noch kaum bewohnt war oder dass ganz einfach die Leute fehlen, die lokalen Forscher, welche systematisch ihre Gegend absuchen, fast Quadratmeter um Quadratmeter, denn die steinernen Werkzeuglein, welche entdeckt werden können, sind sehr klein. So entdeckte David Andrist im Jahre 1941 anlässlich einer Begehung auf dem Halblee ein Dreieckmesserchen von 22 mm Höhe und 16 mm Breite aus weissem Feuerstein. Die drei Kanten des Gerätes sind durch sehr steile Abschläge beinahe senkrecht gestaltet worden. Die Verwendung dieses mittelsteinzeitlichen Instrumentes ist nicht geklärt. Auf dem Oberberg im Acker unmittelbar südlich des Mahlengässli wurde im gleichen Jahr eine Feuersteínklinge geborgen. Sichere Zeichen von Menschen haben wir erst aus der Jungsteinzeit oder Haustíerzeit. Tierhaltung - Hund, Ziege, Schaf, Rind, Schwein - und Getreidebau verunmöglichten das Wanderleben, die Menschen wurden sesshaft. Es ist das Verdienst von Bendicht Moser, Geometer und Posthalter in Diessbach b.B., die Funde aus dieser Zeit geborgen zu haben, welche bei Grabarbeiten in der sogenannten Lättgrube zutage traten. Dort fanden sich, von Ackererde und einer dünnen, sandigmagern Lehmschicht überdeckt, im tieferlíegenden blauen Lehm fünf Brandstellen, welche Asche und Kohlenstücke enthielten. Jede dieser Brandstellen hatte einen Durchmesser von etwa 2 m. Sie bildeten zusammen einen grossen Bogen von rund 50 m Länge. Teilweise waren sie von Steinen umgeben. Einer dieser Steine war ein Kornquetscher, d.h. ein Stein, dessen abgenützte Flächen deutliche Spuren der Quetschtätigkeit aufwiesen. Ein zweiter Stein hatte die zurechtgeschliffene Form einer Käsbisse. Zu was er verwendet wurde, kann nicht gesagt werden. Ein letzter Stein bildete einen sogenannten Klopfer, dessen Hinterseite so zurechtgeschlagen war, dass man vermuten kann, er habe in eine jetzt verfaulte Holzfassung gepasst. Überdies konnten mehrere sehr harte, quarzithaltige Scherben geborgen werden, die zu einem Gefäss von etwa 25 cm Durchmesser mit einem 4 cm hohen, aufrechten Rand gehören müssen. Ein sehr schönes Stück bildet eine Feuerstein Lanzenspitze von 7 cm Länge und 3,4 cm Breite, die seinerzeit von Eugen Schmid, Diessbach b.B., auf unserem Gemeindegebiet gefundenworden ist. Die Fundstelle war nicht mehr festzustellen. - Der gleiche, sehr verdiente Lokalforscher hat im Hennengraben, also schon auf Diessbachergebiet, zwei kleine Lamellen aus weissem Feuerstein gefunden.