Der große Brand und seine Folgen

Unter Jean de Vienne, dem Nachfolger des im Jahre 1365 verstorbenen Bischofs Johann Senn, erfuhr die Stadt einen Schicksalswechsel, der sie ins tiefste Elend stürzte. Der hochfahrende welsche Edelmann, mehr dem Kriegshandwerk als dem geistlichen Hirtenamt zugetan und völlig unvertraut mit den Einrichtungen und Rechtsverhältnissen diesseits des Juras, wollte in der Selbstregierung und Verwaltung der Stadt nur Ungehorsam und Auflehnung erkennen. Sie sollte ihm Steuern und Heerfolge schuldig sein wie seine andern Untertanen im Bistum. Am wenigsten mochte seine ungezügelte Herrschsucht die Schutzbündnisse leiden. Die Entschiedenheit, mit der Rat und Bürger seine Zumutungen von der Hand wiesen, ließ in ihm den Plan reifen, den Widerstand mit List und Gewalt zu brechen. Unerwartet erschien er im Spätjahr 1367 an der Spitze einer bewaffneten Schar in Biel. Er lud die vornehmsten Bürger zu einem Mahl auf der Burg ein, wo er sie verräterisch gefangen setzte.

Die über den hinterhältigen Anschlag empörte Bevölkerung wandte sich um Hilfe an das Verbündete Bern. Darob geriet der Bischof so in Wut, daß er seine Leute zur Plünderung auf die unglückliche Stadt losließ, die in Flammen aufging. Als die Berner auf der Brandstätte erschienen, fanden sie das Volk verstört und vom Nötigsten entblößt vor rauchenden Schutt- und Aschenhaufen. Der Urheber der Untat aber war unterdessen mit seinen Knechten nach Neuenstadt entflohen und hatte sich auf dem Schloßberg in Sicherheit gebracht.

Es half der frierenden und obdachlosen Bevölkerung wenig, daß die Burg des Bischofs von den Bernern gestürmt und geschleift wurde - es gab nur eine Ruine mehr am Ort.

Von dieser den alten Chronisten entlehnten Darstellung des grausamen Ereignisses weicht die neuere Geschichtsschreibung ab: Um die widerspenstigen Bieler gefügig zu machen und ihnen das Bündnis mit Bern zu verleiden, hatte der Bischof die Besatzung der Burg verstärkt. Als nun bernische Kaufleute im November 1367 wie gewohnt den Jahrmarkt besuchten, brachen die bischöflichen Knechte aus der Burg, überfielen die Berner und schleppten sie gefangen mit ihren Waren auf die Feste.

Beim Anmarsch der von Bern ausgesandten Truppen legte die Besatzung Feuer an die Burg, das mit Nachhilfe auf die Stadt übergriff, und entwich nach Neuenstadt. Die Berner verfolgten die Gelohenen, die sich, von den Bewohnern des Städtchens unterstützt, in den hochgelegenen Schloßberg warfen und so entschieden zur Wehr setzten, daß die Berner, ohne den Sturm zu wagen, wegen Kälte und Mangel an Belagerungsgeräten abziehen mußten.

Wie der Bischof, dem hintendrein übel zu Mute war, die Berner mit dem Brand belasten wollte, glaubte ihm niemand. Das Brandunglück hat die Stadt für lange Zeit der staatsbildenden Kräfte beraubt. Ohne diesen Verlust wäre der Ablauf der Geschichte wahrscheinlich ein anderer geworden.

Unterdessen hatte der Bischof gegen die Berner gerüstet, doch kam es zu keinem entscheidenden Treffen; mit schwankendem Glück zog sich der Krieg in die Länge. Man schädigte einander durch rücksichtslose Verwüstung des offenen Landes. Was der Bischof im Zorn verübt, das büßte nun das unschuldige Volk.

Erst nach Jahren kam ein Vergleich zustande. Er kostete Bern wegen des schweren Schadens, den hauptsächlich die Abtei Bellelay und das Kloster Münster-Granfelden erlitten hatten, dreitausend Gulden.