Wie Adam Schnyder berühmt wurde

In Diessbach bei Büren lebte um die Mitte des 19.Jahrhunderts der Bauer Adam Schnyder, ein gwirbliger, lebhafter Mann, bei dem die Goldvögelchen gerne Einkehr hielten, so dass er zu Zeiten direkt im Gelde „chrüschlen“ konnte. Nur schade, er verstand es nicht, die kostbaren Gäste zum Bleiben zu veranlassen.Dazu hatte er es viel zu hoch im Kopf. Was er sich einmal vorgenommen, das musste ergrindet werden, koste es, was es wolle. So gab er viel darauf, im Stall die schönsten Rosse stehen zu haben und erst noch mehr, als der Betrieb erforderte. Auf jedem Pferdemarkt trat er als Käufer auf. Ähnlich war es bei ihm im Kuhstall. Einmal gefielen ihm die Simmenthaler am besten und was seinem Schönheitssinn nicht entsprach, wurde abgestossen, dafür neue Ware teuer angekauft. Ein andermal bildeten die Braunen sein Ideal und die bisherigen Kühe wurden ersetzt. Das ging ins Guttuch, aber ein gewisser Stolz auf den Viehstand hat auch schon andere zu unüberlegten Käufn veranlasst. Berühmt ist deswegen allerdings noch keiner geworden, auch der Adam Schnyder nicht. Wohl rühmte man ihm etwa an einem Aarberg- oderBielmarkt seine Ware, aber ein Mehreres geschaah zu seinem Leidwesen nicht. Doch sein Sinn staand nach Höherem. Jedermann sollte von ihm sprechen. Das zu erreichen, lud er etwa im Heuet ein ganz unvernünftig grosses Fuder, spannte seine Prachtsgäule an und kutschierte damit im näheren Seeland herum. So sei er einmal im heute abgebrochenen Dotzigentor in Büren stecken geblieben. Ein andermal verboten ihm die Behörden im Stedtli, mit dem Fuder über die hlzerne Brücke zu fahren, weil die Last zu gross sei. Solche Streiche wurden natürlich weiter erzählt, er kam in aller Leute Mäuler und das gefiel ihm, dass nüt eso! Aber berühmt, nein, das war er immer noch nicht und das hätte er doch so gerne werden wollen.

Erst das Fuehri vom 13.April 1863 machte ihn dann wirklich berühmt bis nach Bern hinauf, aber uf sy Gattig. Der Frühling muss in jenem Jahr ganz besonders früh ins Seeland eingezogen sein, ssonst hätte man nicht schon vor mitte April Heu laden können. Ein Berufskollege wettete damals 130 Franken, Adam Schnyder könne keine 80 Zentner Heu auf einem einzigen Wagen nach Bern führen. Das war eine Wette nach dem Herzen Adams! Er nahm sie an, gäb wie männiglich den Kopf schüttelte. Sein stäkster Wagen war nicht stark genug für die Last, die er aufzuladen gedachte. Es musste zuerst der Wagner zugezogen werden, der den zum Heutransport bestimmten Wagen mit sechs Rädern versah. Zwei Trämeltannen bildeten die Brügibäume und jetzt konnte mit dem Laden begonnen werden. Das Heu wurde sorgfältig geschroten und dann auf den Wagen gebiegen, dass das Fuder durchaus ebenbürtig,spannte Adam doch seine acht Schimmel vor den Wagen. In allen Dörfern standen die Leute am Stassenrand, um die Durchfahrt des ungeheuren Fuders ja nicht zu verpassen. Öppe, grad der kürzeste Weg wurde nicht ausgelesen. Adam wollte doch gesehen werden, das Dorfgespräch bilden.

Unser Bauersmann hatte natürlich nicht daran gedacht, zuerst die Höhe der Holzbrücke in Aarberg zu messen. Was Wunder, dass das Ganze stecken blieb, umgeladen, über die Brücke geführt und erneut auf den sechsräderigen Mordiowagen aufgeladen werden musste. Natürlich gab es damals noch keine Asphaltstrassen. Grob bekieste Stücke wechselten ab mit langen Strecken voller Löcher, man hätte darin ertrinken können. Und bei so einem Loch geschah das Unglück: eine Achse brach, das Fuder stürzte um. Gottlob kamen keine Menschen zu Schaden! Von solchen Kleinigkeiten liess sich unser Fuhrmann nicht verdriessen. Es wurde abgeladen, der Wagen zur Reparatur in die nächste Schmiede gebracht. Eh weder nit hatte auch der Wagner noch mitzuhelfen: „Vorwärts Manne, speuet i d’Häng“! Neben sofortiger Bezahlung der Gunte wurde ein tolles Trinkgeld versprochen, was bewirkte, dass man noch zu christlicher Zeit weiterfahren konnte.

Gerade viel Zeit stand aber nicht mehr zur Verfügung. Was Wunder, dass Adam ins Jufeln kam und nicht mehr bei jedem Haus „Gesundheit“ machte, wo man ihm ein Glaas Weissen anbot. So glaubte er, müsse es gelingen, doch noch tags nach Bern zu kommen. Da verwehrte ganz unerwartet ein Ofenhäuschen die Weiterfahrt. Ein Umfahren mit dem riesigen Fuder war beidseits unmöglich. Kurz entschlossen befahl Adam seinen Knechten. Das Hüttlein samt dem Backofen abzubrechen. Natürlich war der Besitzer rasch zur Stelle. Aber alles Fluchen  und Protestieren half ihm nichts. Mit grossartiger Gebärde wischte unser Mordiofuhrmann den Einspruch ab mit den Worten: „lasst Euch ein neues bauen und schickt mir die Rechnung“.

Von weiteren Ungfelligkeiten weiss die Firma nichts zu berichten. Das nie gesehene Riesenfuder mit seinen Eisenreifen auf den Rädern lärmte und knatterte über die Bsetzisteine der Stadt bis auf den Kornhausplatz, wo es natürlich zu jener Zeit weder ein Worbbähndli noch ein Tram gab, von Autos ganz zu schweigen, so dass man für einige Tage vor Anker gehen konnte, ohne dass der Verkehr gestört worden wäre. Wie in einer geguselten Ameisere begann in der Stadt ein Geläufe.Jeder wollte das Monstrum von Fuder sehen, jeder dem Fuhrmann und Besitzer die Hand drücken, ihm gratulieren zum wohlgeglückten Unternehmen. Ganze drei Tage lang wiederholten sich die Festereien in den nähern Wirtschaften. Wir können uns etwa ausmalen, wie es im Kornhauskeller zu und her ging. Adam fühlte sich in seinem Element und wenig musste einer anwenden mit Schmeicheln, so war er eingeladen zu einem Glase vom Bessern. Was kümmerte es unsern Diessbacher, dass die Unkosten am Ende viel höher ausfielen als die gewonnene Wettsumme von 130 .-  Mit Müh und Not, fast zu Schleuderpreisen, konnte er seinen wandernden Heustock in der Stadtan Wirte, Fuhrhaltereien und Gewerbler verkaufen, aber selbst Wettsumme und Heuertrag reichten nicht aus, die entstandenen Kosten zu begleichen,  angefangen bei Schmied und Wagner im heimischen Dorf, der Reparatur des Wagens unterwegs, dem Bau eines neuen Ofenhauses, nicht zu vergessen die vielen Uertinen in der Stadt. Was tat’s! Adam war der Held des Tages, bekannt vom Seeland bis weit über Bern hinauf, da brauchte ihn das Geld sicher nicht zu reuen.

In allen Zeitungen konnte man vom grössten Heufuder aller Zeiten lesen, von der abenteuerlichen Fahrt und von der gewonnenen Wette. Wir möchten unsern Bericht nicht schliessen, ohne eine Zeitungsnotiz aus jener Zeit anzuführen. Sie lautet:

„das grösste Fuder Heu , das je in Bern gesehen wurde, war wohl dasjenige vom 13.April 1863, welches ein Bauer von Diessbach bei Büren nach Bern führte. Es hat 198 Zentner und 25 Pfund gewogen und wurde gezogen von acht weissen Pferden. Ein reicher Bauer hatte mit einem andern Bauer 130 Franken gewettet, er könne nicht 80 Zentner Heu auf einen Wagen laden und nach Bern führen. Nun hat dieser aber nicht nur 80, sondern 198 Zentner auf Bern gebracht, d.h. mit dem Wagen, der etwa 30 Zentner wog. Dieses Fuder war mehrere Tage auf dem Heumarkt zur Schau gestellt und hatte grosses Aufsehen gemacht. Niemand wusste sich an ein solches Fuder zu erinnern und Bern wwird kaum wieder ein solches in seinen Strassen sehen.“

Zum bessern Verständnis der Zeitungsnotiz möge man bedenken, dass es sich hier um Pfundzentner handelt, also Zentner zu 100 Pfund, während unser heutiger Zentner bekanntlich das doppelte wiegt, nämlich 100 Kilogramm oder 200 Pfund.