c) Die Teufelsbürde auf dem Jolimont
Ein bedeutendes Naturdenkmal Die Findlingsgruppe auf dem Jolimont, Gemeinde Gais, ist zweifellos das bedeutendste Naturdenkmal im Amt Erlach. Bei jedem Besuch ist man aufs neue überwältigt vom Anblick der drei Gewaltsblöcke, die der eiszeitliche Rhonegletscher hier hat liegen lassen.
Sie bestehen aus Arkesine, einem Hornblendegranit, und stammen aus dem Val de Bagnes.
Ueber die Lage der Teufelsbürde orientiert das beigegebene Kärtchen, über die Grösse der Blöcke die Aufnahme von H. Schär, Vermessungszeichner bei der Forstinspektion Mittelland.
Für den sichtbaren Kubikinhalt geben wir folgende Schätzungen:
Block A 200 m3
Block a 4 m3
Block B 80 m3
Block b 3 m3
Block C 120 m3
Die gesamte über Boden ragende Blockmasse der Teufelsbürde dürfte also mindestens 400 m3 messen.
Der Berner Geologe Isidor Bachmann hat 1870 die «imposante wahrhaft malerische Gruppe» beschrieben. Er war es auch, der sich an Oberförster Schluep und an die Forstdirektion wandte, damit der Name <<Teufelsbürde›› eingehauen werde, was im Jahre 1872 unter Beifügung des Schweizerkreuzes geschehen ist. Er konnte sich dabei berufen auf den Beschluss des bernischen Regierungsrates vom 14. Mai 1868 zugunsten der Erhaltung der erratischen Blöcke und namentlich auf Ziffer 2 desselben: «Geologisch wichtige Fündlinge, welche Eigenthum des Staates sind, dürfen unter keinen Umständen zerstört und sollen mit einem passenden Kennzeichen, z.B. der Aufschrift `unantastbar', versehen werden.›› Dieser Beschluss war eine Folge des berühmten «Appel aux Suisses››, den im Namen der Schweiz. naturforschenden Gesellschaft die Geologieprofessoren
B. Studer, Bern, und A. Favre, Genf, im Herbst 1867 veröffentlicht haben und der vom
eidg. Departement des Innern den Kantonsregierungen empfohlen worden ist.
Der mit der Inschrift <<Teufelsbürde›› gesicherte Schutz ist also ein schönes Beispiel für die erste Welle naturschützerischen Wirkens, die über unser Land hinweggegangen ist.
Sie ist in den 70er Jahren dann rasch verebbt. Aber auch die späteren Naturschutz-Phasen sind an der «Teufelsbürde›› verewigt. lm Jahre 1923 hat die Naturschutzkommission der Naturforschenden Gesellschaft Bern einen neuen Anlauf zur Sicherung der Findlinge unternommen, deren Überwachung dem Forstpersonal zugedacht wurde. ln den Jahren 1923 bis 1929 ist dann in 22 Blöcke die Inschrift «Findling/Naturdenkmal» oder «Findling/staatlich geschützt» eingehauen worden, wobei sich in die Kosten die Forstdirektion und das Naturhistorische Museum Bern teilten. So wurde im Jahre 1923 an der Teufelsbürde über der grossen Inschrift von 1872 unnötigerweise eine kleinere eingehauen: «Findling/Naturdenkmal››.
Als man im Jahre 1940 begann, möglichst alle Findlinge- auch die dem Staat gehörenden - durch Regierungsratsbeschluss rechtsgültig und einwandfrei zu schützen, war die Teufelsbürde wieder bei den ersten Blöcken, die ins Verzeichnis der staatlich geschützten Naturdenkmäler aufgenommen wurden (21. Juni 1940).
Eine alte Kultstätte
Jahn 1850 (S. 16f) schrieb über die Gruppe von Findlingen: «Der grösste heisst der Heidenstein. In dem freien Raume, der zwischen diesem und dem nördlich anliegenden Nachbarblock in einer Länge von zehn Schritten und in einer Breite von 3-4 Schritten durchläuft, entdeckte man 1848 beim Nachgraben ein mächtiges, äusserst compactes Steinbett aus Bruch- und Kieselsteinen; unter und zwischen diesen fand man Reste der rohesten keltischen Töpferwaare, etwas Ziegelwaare, keltisches Steinbild-Schnitzwerk, ein Steinbeil und ein ehernes stiletartiges Geräthe; Alles war mit Kohlen untermengt; selbst in der Tiefe von 15' zeigten sich noch schön erhaltene erstickte Kohlen in Masse.
Alles lässt auf einen Opferplatz schließen, in welchem der grosse, oben flache Stein eine Art natürlichen Altars darstellte. Bei Untersuchung einer Höhlung des nördlichen Nachbarsteines fand man in der darin angesetzten Dammerde ebenfalls etwas von keltischer Töpfer- und Steinbildschnitzwaare. Ein dritter aufrechtstehender Block zeigt an einem stark hervorragenden Vorsprung Spuren von Bearbeitung zu einem riesigen Profilbild eines Götzen. Wir haben hier also eine keltische Kephaloide, das heisst einen Felsen mit künstlicher kopfähnlicher Bildung, wie solche als Denkmäler des druidisch-keltischen Steinkults in Frankreich häufig vorkommen. Angelehnt an diesen Block ist eine auffallend gewölbte, grabhügelartige Erhöhung, zu welcher sich der Block wie ein Seitenpfeiler verhält, und die gleiche Erscheinung kehrt bei andern größern Blöcken wieder,die wir demnach als keltische Menhirs oder heilige Steinsäulen anzusehen haben, sei es, dass die daran gelehnten Hügel Grab- oder Opferstätten gewesen sind.››
l. Bachmann hat Jahns Bericht abgedruckt, um «auch auf die archäologische Bedeutung der Blockgruppe hinzuweisen» (S. 42f). Ein «Götzenprofil›› ist ihm allerdings nicht aufgefallen - und er ließ die Frage offen, ob der betreffende Block überhaupt noch vorhanden sei. Wir schließen uns der Ansicht Bachmanns an und können an der ganzen Findlingsgruppe ausser der lnschrift nichts von künstlicher Bearbeitung erkennen als an der Südseite von Block b: 1/2 m über Boden eine 50 cm lange Reihe eingemeisselter Buchstaben, mit denen sich offenbar ein Mensch unseres Zeitalters verewigen wollte.
Name und Sage
Nach Jahn (1850) hätte der grösste Block Heidenstein geheissen. Bachmann (1870) schrieb dann, die Gruppe werde Teufelsbürde genannt. Interessant ist die Etikette, die unter der Gesteinsprobe des grössten Blocks im Naturhistorischen Museum Bern liegt und zweifellos von Bachmann stammt. Der Name «Druidenstein›› ist damals gerne jenen Blöcken zugelegt worden, denen man eine kultische Bedeutung zudachte, namentlich auch den Schalensteinen. Alt Großrat Bürki gab einer Mitteilung im Anzeiger für Schweizer Alterthumskunde 1875 (S. 574) den Titel: «Schalensteine oder sogenannte Druiden-Altäre in der Umgebung von Bıel››. Es ist klar, dass Heidenstein und Druidenstein nicht alte Namen sind, sondern dass man sie im 19. Jahrhundert solchen Blöcken verliehen hat, von denen man glaubte dass Sie im Heidentum oder Druidenzeitalter etwas bedeutet hätten.
Älteren Datums sind die Namen Teufelsburg oder Teufelsbürde, die sich dann auch auf dem Jolimont durchgesetzt haben, wobei mit der lnschrift des letztgenannten endgültig entschieden worden ist. Leider konnten wir keine Belege für die frühere Benennung der Findlingsgruppe finden, und auf alten Waldplänen ist die Blockgruppe überhaupt nicht dargestellt. Wir kennen auch keine ältere Aufzeichnung einer Sage. Nach Friedli (S. 50) habe der Teufel die Blöcke aus dem Wallis hergetragen, um auf dem Jolimont eine Burg zu bauen und von dort auf das Tun und Treiben der Erlacher und Tschugger, der Gampeler und Galser «aacha z`glüüßle››. Auch F. Probst erwähnte im Zusammenhang mit dem Blutstein diesen Burgbau. Häufiger wird von den vielen Teufelssteinen gesagt, der Böse
habe seine Bürde fallen lassen, als er damit ein gottwohlgegälliges Werk zerstören wollte. Mangels alter Belege für unsere Teufelsbürde und als Beweis für den alten Teufel zitieren wir, wie sich Abraham Schellhammer in den 1720er .Jahren über den gewaltigen Block am Gurten ob Wabern äusserte: «Nicht aber, wie die superstitiosen und fabelhaften Gemühter darfür halten, daß es eine so genannte Teüfelsburde sey, die er nit weiter habe tragen mögen.››
In der Umgebungl. Bachmann stellte 1870 fest: «Von andern Felsarten liegen in der Nähe, meist zwar nur in kleinen Stücken, Serpentin, Arollagneiss, Chloritschiefer, Quarzite des Verrucano aus dem Turtmannthal, Valorsine-Conglomerat usw.›› (S. 72). Heute sind noch namentlich westlich der «Teufelsbürde›› zahlreiche kleinere Stücke zu sehen, deren Sprenglöcher jedoch von erfolgter Verwertung zeugen. Glücklicherweise ist der Block verschont geblieben, der 35 Meter südwestlich der Findlingsgruppe liegt und als Schalenstein weiter unten beschrieben wird.
Zum Schluss sei nicht verschwiegen, dass die im zweiten Weltkrieg erbauten Bunker das romantische Bild der «Teufelsbürde›› beeinträchtigen. Es rächte sich somit, dass im Beschluss von 1940 bloss die Blöcke und nicht auch deren nähere Umgebung geschützt worden sind. Ob jedoch ein solcher Schutz den Bau der Bunker hätte verhindern können, ist eine offene Frage, und wir haben uns heute damit abzufinden, dass auch unser Jahrhundert auf dem Jolimont seine Zeugen hinterlässt.